Zum unwahrscheinlichsten Zeitpunkt, mitten in der Kulturödnis des ersten Corona-Lockdowns, setzten sich vier Studierende zusammen und entwickelten die Idee Toneo. Die Gründer – Cansu Birkl, Raphael Schönball, Joris Thiel und Benedikt Poggel – konnten zwar nur wenig Erfahrung in der Organisation von Laienorchestern vorweisen, aber umso mehr als Orchestermusikerinnen. So konnten sie eine Gründungsidee entwickeln, die gemäß dem Motto „Gute Erfahrungen mitnehmen, schlechte rauslassen“ schnell konkrete Formen annahm: Junge Musiker sollen gemeinsam Sinfoniekonzerte spielen und über sich hinauswachsen. Das erfordert nicht nur musikalische Exzellenz, sondern vor allem Motivation und Lust, mitzumachen. Deshalb spielt Toneo zwei Projekte im Jahr ohne regelmäßige Proben, dafür mit kurzen und intensiven Probenphasen, in denen nicht nur hochkonzentriert und ambitioniert Musik gemacht wird, sondern das Orchester immer wieder neu nicht nur zu einem Klangkörper, sondern auch einer menschlichen Gemeinschaft zusammenwächst.

Eine Orchestergründung in Pandemiezeiten erfordert vor allem eins, das wurde schnell klar: Mut. Frei nach dem rheinischen Lehrsatz „Et hätt noch immer jot jejange“ darf man angesichts von rasch wechselnden Vorschriften und quarantänebedingten Ausfällen nicht die Nerven verlieren und muss die Probleme angehen, wie sie kommen. Anders als geplant wurde so das erste Projekt ein Streicherprogramm kleinerer Dimension: Sebastian Gunkel dirigierte im Bürgersaal Ismaning unter anderem Tschaikowskis geniale Streicherserenade. Das Orchester konnte gleich überzeugen und zeigte, dass es voll hinter Toneo steht: Wegen der beschränkten Personenzahl musste es am Konzertsonntag gleich zweimal auftreten. Solche Einsatzbereitschaft und Flexibilität unterstreichen noch einmal den Anspruch des Orchesters.

Die gut 20 Streicher des Auftaktprojekts (+ Dirigent und Koch) auf dem Probenwochenende in Riederau (Herbst 2020).

Für das Frühjahrsprojekt 2022, das endlich im ursprünglich anvisierten halbjährigen Rhythmus stattfinden konnte, kehrte schließlich Sebastian Gunkel als Dirigent zurück. Gemeinsam mit dem 22-jährigen Solisten Louis Vandory brachte er Prokofjews erstes Violinkonzert neben Brahms zweiter Sinfonie und Lutoslawskis „Kleiner Suite“ zur Aufführung. Zum ersten Mal erklang Toneo auch außerhalb von München im Kultur- und Tagungszentrum Murnau am Staffelsee. Wie immer konnte man sich auf das Coronavirus verlassen, welches in der hochansteckenden Omikron-Variante knapp zwei Jahre nach Beginn der Pandemie zu einer Rekordzahl an kurzfristigen Auswechslungen in der Besetzung führte. Erneut bewies Toneo aber seine nahezu professionellen Qualitäten und trotzte allen widrigen Umständen mit zwei begeisternden Musikabenden.

Ein besonderer Zuhörer saß dabei in der Münchner St. Maximilianskirche im Publikum, nicht nur des Namens wegen: Wenige Wochen nach dem Projekt wurde der Vaterstettener Dirigent Maximilian Leinekugel für das Herbstprojekt 2022 engagiert. Wieder einmal auf höchstem musikalischen Niveau – insbesondere mit einem glänzenden Holzbläsersatz – spielte Toneo Tschaikowskis sechste Sinfonie neben Chatschaturjans Maskerade-Suite und Joachim Raffs Rhapsodie „Abends“ zu dessen 200. Geburtsjahr.

Als nächstes spielte Toneo im Frühjahr 2023 die 7. Sinfonie Antonín Dvořáks neben Beethovens Violinkonzert mit Isabell Mengler, dirigiert von Sebastian Gunkel. Während nun das Herbstprojekt langsam anläuft (mit Johannes Berndt, Schumanns Rheinischer und dem Glière-Hornkonzert mit Rosa Schell), spielt das Orchester aus der Reihe am 5.8.2023 erstmals in der LMU-Aula mit dem Romanistik-Chor der LMU Dvořáks monumentales Stabat Mater unter der Leitung von Selma Pleßke.